Die Corona-Pandemie stellt auch die Immobilienwirtschaft vor zahlreiche Probleme. So stellt sich für Vermieter und Mieter von Gewerbeobjekten die Frage, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf den Gewerbemietvertrag hat. Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung ist für beide Parteien dabei die Frage, ob bzw. in welcher Höhe die vertraglich vereinbarte Gewerbemiete bei einem sog. Lock-Down und den damit einhergehenden Corona-bedingten Schließungen von Geschäften zu zahlen ist. Dieses potenzielle Konfliktfeld über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gewerbemiete wird befeuert durch die Einführung des missglückten Art. 240 § 7 EGBGB am 31.12.2020 und durch eine bundesweite uneinheitliche Rechtsprechung.
Dabei stellen sich in rechtlicher Hinsicht insbesondere zwei Fragen: Stellt eine Corona-bedingte Schließung durch staatliche Maßnahmen einen zur Mietminderung führenden Mangel im Sinne des § 536 BGB dar? Liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB vor, die zur Reduzierung der Gewerbemiete berechtigt?
Auch wenn sich zur ersten Frage (zumindest noch vor Einführung des Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB) vereinzelt Gerichtsentscheidungen finden, die einen Mangel bejahen, so haben im Jahr 2021 mehrere Oberlandesgerichte entschieden, dass ein Mangel wegen Corona-bedingter Schließung nicht vorliegt (so z.B. OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.2.2021 – 7 U 109/20 – ; OLG München, Hinweisbeschl. v. 17.2.2021 – 32 U 6358/20 – ). Begründet wird dies von den Gerichten damit, dass die Corona-bedingten Schließungen nicht unmittelbar an die Beschaffenheit der Mietsache selbst, sondern allein an den Betrieb des Mieters anknüpfen.
Zur Beantwortung der zweiten Frage ist v.a. die rechtliche Einordnung des neuen Art. 240 § 7 EGBGB in die Systematik des § 313 BGB und die bisherige Rechtsprechung erforderlich. Gemäß Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB wird vermutet, dass staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einen veränderten Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, welcher Grundlage des Mietvertrages geworden ist, darstellen, sofern für den Betrieb des Gewerbemieters die vermieteten Räume oder Grundstücke nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind. Die Norm ist entsprechend auf Pachtverträge anwendbar (Art. 240 § 7 Abs. 2 EGBGB).
Bei zutreffender Analyse des Art. 240 § 7 EGBGB ist allerdings festzuhalten, dass hiermit keineswegs geregelt ist, dass der Gewerbemieter, wenn er von Corona-bedingten Schließungen betroffen ist, die Gewerbemiete nicht oder nur teilweise zahlen muss. Denn mit dieser Regelung wird lediglich vermutet, dass damit eine schwerwiegende Änderung eines Umstands der Geschäftsgrundlage vorliegt. Dies wurde jedoch bereits vor Einführung des Art. 240 § 7 EGBGB von zahlreichen Gerichten bestätigt und war auch zwischen Mieter und Vermieter in der Regel unstreitig.
Streitpunkt war und wird auch weiterhin – trotz Einführung des Art. 240 § 7 EGBGB – sein, ob die weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB vorliegen. Zu klären ist folglich, ob Mieter und Vermieter den Mietvertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten und ob dem Mieter das Festhalten am unveränderten Mietvertrag unzumutbar ist. Entscheidend hierfür sind die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die vertragliche Risikoverteilung hinsichtlich des konkreten Mietvertrages. Hierbei können staatliche Hilfen (z.B. Corona-Soforthilfe) mit zu berücksichtigen sein.
So haben z.B. das OLG Karlsruhe (Urt. v. 24.2.2021 – 7 U 109/20 – ) und das OLG München (Hinweisbeschl. v. 17.2.2021 – 32 U 6358/20 – ) auch nach Einführung des Art. 240 § 7 EGBGB mangels Unzumutbarkeit für den Mieter eine Mietreduzierung gemäß § 313 BGB verneint. Teilweise existieren (z.B. in anderen Bundesländern) anderslautende – „mieterfreundlichere“ – Entscheidungen (bspw. KG, Urt. v. 01.04.2021 – 8 U 1099/20 – ).
Aufgrund der immer größer werden Anzahl an Gerichtsentscheidungen mit – je nach Bundesland und Einzelfall – zum Teil sehr unterschiedlichen Ergebnissen lässt sich für den Einzelfall jedoch eine verlässliche Aussage über eine Mietreduzierung nur mit Blick auf den jeweiligen Mietvertrag und auf die Umstände des Einzelfalles treffen. Aus Sicht der Gewerbevermieter empfiehlt es sich, in zukünftigen Mietverträgen eine Vertragsklausel aufzunehmen, welche die vertragliche Risikoverteilung und sonstige Rechtsfolgen im Falle einer Pandemie/Epidemie regelt (sog. Pandemie-Klausel). Dies kann je nach Ausgestaltung auch für den Gewerbemieter vorteilhaft sein.
Mit unserer Expertise im Mietrecht beraten und vertreten wir sowohl Vermieter bei der Abwehr von geltend gemachten Mietreduzierungen als auch Mieter bei der Durchsetzung einer solchen Reduzierung und treten für diese gerne in entsprechende Verhandlungen mit der Gegenseite.
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